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Unzulässige Beschränkung des Teilnahmerechts an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft (Bundesgerichtshof – Beschluss vom 8. Juli 2025)

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Die Einladung zu der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft enthielt folgenden Hinweis:

Zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Hauptversammlung und zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Aktionäre werden Bild- und Tonaufnahmen während der Hauptversammlung nicht gestattet sein. Geräte, die sich zur Bild- und Tonaufnahme eignen, dürfen von den Aktionären nicht mitgeführt werden. Am Eingang wird eine Einlasskontrolle durchgeführt werden.“

Einem Aktionär wurde der Zutritt zu dieser Hauptversammlung verwehrt, nachdem er sich geweigert hatte, bei der Einlasskontrolle Mobiltelefon und Laptop abzugeben.

Das Recht der Aktionäre auf Teilnahme an der Hauptversammlung beinhaltet grundsätzlich auch den ungehinderten Zugang zu dem Versammlungsraum unter zumutbaren Bedingungen. Das Verbot, bei der Hauptversammlung Geräte mit sich zu führen, die zur Fertigung von Bild- oder Tonaufnahmen geeignet sind, kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Teilnahmerecht darstellen (BGH, Beschluss vom 8. Juli 2025, Az. II ZR 24/24).

Die Vorinstanz (Kammergericht, Urteil vom 26. Januar 2024) hat in dem Verbot, Geräte mitzuführen, die sich zur Bild- und Tonaufnahme eignen, einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Art. 14 GG geschützte Recht der Aktionäre auf Teilnahme an der Hauptversammlung gesehen und deshalb sämtliche, von dem Kläger angegriffenen Beschlüsse der Hauptversammlung für nichtig erklärt. Zwar gelte das Teilnahmerecht nicht schrankenlos, sondern finde seine Grenze in der Befugnis des Versammlungsleiters, die Hauptversammlung ordnungsgemäß abzuwickeln. Das Verbot, Mobiltelefone und Laptop mitzuführen, sei allerdings unverhältnismäßig, weil es außer Verhältnis zum verfolgten Zweck stehe, nämlich den Schutz der übrigen Anwesenden gegen unerlaubte Ton- und Bildaufzeichnungen. Zum einen bestehe im vorliegenden Fall lediglich eine abstrakte Gefahr einer Rechtsverletzung. Denn die Aktiengesellschaft konnte keinen konkreten Fall einer verbotenen Ton- und/oder Bildaufzeichnung in einer der vergangenen Hauptversammlungen darlegen. Zum anderen sind die übrigen Aktionäre im Falle eines Verstoßes gegen das Aufzeichnungsverbot nicht schutzlos. Ihnen stehen Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeldansprüche zu. Ferner stellt eine verbotene Aufzeichnung einen Verstoß gegen § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) und damit eine Straftat dar.

Die Überlegung des Gerichts, die Mitführung der Geräte nur unter Nutzung von Kamera- und Mikrofonblockern zu gestatten und dies zuvor in der Einladung anzukündigen, ist in einer Hauptversammlung einer Publikumsgesellschaft nicht praktikabel.

Inwieweit die von dem Gericht weiter angedeutete Lösung tragfähig ist, ein solches Verbot in der Satzung der Aktiengesellschaft zu regeln, darf bezweifelt werden. Es erscheint als zweifelhaft, dass ein solcher Eingriff durch die Satzung zulässig wäre. Hier wird letztlich dieselbe Abwägung zu treffen sein wie bei der versammlungsleitenden Maßnahme, die dem entschiedenen Fall zugrunde lag.

Zulässig und allgemein üblich ist es, dass der Versammlungsleiter bei der Eröffnung der Hauptversammlung Bild- und Tonaufnahmen untersagt. Verstößt ein Aktionär gegen dieses Verbot, ist es dem Versammlungsleiter unbenommen, die Einhaltung des Verbots durch entsprechende versammlungsleitende Maßnahmen durchzusetzen. Bei einem wiederholten Verstoß dürfte auch ein Ausschluss des betreffenden Aktionärs von Hauptversammlung möglich sein.